Gaultherien und ein Sieg für den Klimaschutz
Vielen Pflanzenliebhaber, die nun Gärten, Balkone und Terrassen mit typischen Herbstblühern schmücken, ist nicht bewusst, wieviel Mühe und Know-how notwendig sind, damit die Pflanzen überhaupt ihre Pracht entfalten können. Etwa Gaultherien, die aufgrund ihrer weißen Blüten, roten Beeren und grünen Blätter (die sich im späten Herbst in ein tiefes Rot verfärben) sehr populär geworden sind. Gaultherien sind nur mit großem Aufwand zu kultivieren, daher sind es nicht selten große spezialisierte Betriebe, die sich dieser Kultur widmen. Leider ist es aber so, dass die Ware dann so manches Mal viele hundert Kilometer transportiert werden muss, um die Empfänger zu erreichen.
Thorsten Lehr führt die Gärtnerei gemeinsam mit seiner Mutter.
Das ist bei den Gaultherien von Thorsten Lehr nicht der Fall, denn sie werden regional in Heidenheim an der Benz produziert und über den nahegelegenen Blumengroßmarkt Ulm vermarktet. Kurze Wege gleich geringe Umweltbelastung – das ist einer der Gründe, warum der noch junge Gärtner diese komplizierte Kultur für die Blumenfacheinzelhändler in und um Ulm herum produziert.
Schwierig ist die Kultur aus verschiedenen Gründen. Die Beeren der Gaultherien gibt es nur, wenn die Bestäubung durch Bienen oder Hummeln erfolgt. Die sind bekanntlich rar geworden – doch nicht im Umfeld der Gärtnerei Lehr. Wiesen, Wälder und Sonnenblumenfelder umgeben die idyllisch gelegene Gärtnerei – es summt und brummt. Gaultherien benötigen zudem einen speziellen ph-Wert des Wassers. Daher mischt Thorsten Lehr sein Brunnen- mit Regenwasser.
Eine kompakte Form bekommen die Pflanzen nur dann, wenn sie ab Juni direktes Sonnenlicht erhalten. Ein großer Teil der Gewächshausfläche der Gärtnerei Lehr ist mit Folie überdeckt, die sich problemlos abmontieren lässt. Gaultherien stehen von Mitte April bis in den Herbst in den Gärtnereien. In dieser langen Zeit müssen die Pflanzen stets gepflegt und beobachtet werden. Es darf keine Staunässe geben, die Nährstoffwerte dürfen nicht zu hoch sein, regelmäßig müssen Substratwerte analysiert werden, die Anfälligkeit für Pilzerkrankungen darf nicht aus dem Blickfeld weichen. All dies ist natürlich den meisten Pflanzenfreunden, die sich im Herbst über die Pracht dieser Moorbeetpflanzen erfreuen, kaum bewusst. Wer also denkt, dass der Beruf des Zierpflanzengärtners easy ist, der erfährt am Beispiel der Gaultherien das Gegenteil.
Für Thorsten Lehr, der die Gärtnerei gemeinsam mit seiner Mutter Martina führt, waren die Gaultherien 2021 die erste neue Kultur, die er selbstständig aus der Taufe gehoben hat. Rund 10.000 Pflanzen hat er im ersten Jahr produziert – und alle in der unmittelbaren Region verkauft. Für dieses Jahr hat er die Produktion verdoppelt, auch diese Menge wird in und um Ulm herum verkauft. Es müssen also keine dieser wunderschönen Herbstpflanzen mehr viele hundert Kilometer aus den Niederlanden und dem niederrheinischen Grenzgebiet in den Süden Deutschlands transportiert werden. Ein Beweis für die Wichtigkeit regionaler Zierpflanzenproduktion. Und ein Sieg für den Umwelt- und Klimaschutz.